Brauchen Kinderwagen wirklich Bremsen? Und wenn ja, welchen Belastungen müssen diese standhalten? Für die „normalen“ Kinderwagen-Verwender ist das relativ leicht zu beantworten. Oft genügt in der Stadt eine Feststellbremse, da keinerlei größeren Steigungen und Gefälle, abgesehen von der Tiefgarageneinfahrt, überbrückt werden müssen. Für alle, die mit ihrem Kinderwagen (und natürlich dem lieben Nachwuchs als Trainingsgewicht darin) am Berg wohnen oder joggen gehen, wird eine gut funktionierende Handbremse schon fast obligatorisch. Erhöht man den Geschwindigkeitsgrad weiter, wie zum Beispiel beim Inline-Skaten, sind oft schon leistungsfähigere Bremsen, wie zum Beispiel Scheibenbremsen, gefragt.

Wir sind mit unseren Kindern und Kinderwagen gerne in den Bergen unterwegs. Daher war für uns eine gut funktionierende Handbremse ein wichtiges Kaufkriterium, um auch längere Bergab Passagen problemlos meistern zu können. In den Modelljahren bis 2012 verwendete Chariot bei den CX-Modellen noch Trommelbremsen an der Hinterachse, die erfreulich wartungsarm und pflegeleicht waren. Jedoch kamen diese beim stetigen Einsatz thermisch doch oft an die Belastungsgrenze. Das führte, ganz wie vielbremsende Fahrer an Bergstraßen es von ihrem Auto kennen, zu Bremsfading bis hin zum gänzlichen Ausfall der Bremswirkung.

Was ist outdoor besser: Scheibenbremse oder Trommelbremse?

Mit der Übernahme von Chariot durch Thule erfuhren nicht nur der Rahmen, sondern auch die Bremsen des Kinderwagens ein Upgrade. Aus technisch veralteten Trommelbremsen wurden ebenso technisch veraltete, mechanische Scheibenbremsen. Die Auswirkung auf die Bremswirkung und die thermische Belastbarkeit wuchsen jedoch enorm. Ein längerer Abstieg über Forststraßen oder Wanderwege waren plötzlich keine Herausforderung mehr, sondern konnten mühelos und sicher absolviert werden – trotz zweier Kinder und Gepäck im Wagen.

Wie es so schön heißt, liegt der Teufel aber im Detail. Denn genau hier wird die größte Stärke, starke Scheibenbremsen, zum größten Nachteil, der mechanischen Technik. Beide Räder werden über einen gemeinsamen, später geteilten Bautenzug angesprochen. Mit steigendem Abrieb der Bremsbeläge entsteht ein Ungleichgewicht in der Bremswirkung. Dies führt dazu, dass der Wagen quasi von alleine um die Ecke fährt. Wenn man sich nun vorstellt, ich möchte (oder muss plötzlich) von hoher Geschwindigkeit beim Inline-Skaten scharf abbremsen, ist der Wagen nicht mehr zu kontrollieren und man biegt ungewollt ins Unterholz ab. Eine technische Weiterentwicklung in ein hydraulisches System würde hier Abhilfe schaffen, da die Bremsen bei Verschleiß nicht manuell nachjustiert werden müssten. Der Effekt wäre perfekt: keine Dysbalance beim Bremsen, sondern gleichmäßige Ansprache beider Seiten.

Scheibenbremsen sind empfindlich und benötigen Wartung

In beiden Systemen hat jedoch die Scheibenbremse noch immer einen gravierenden Nachteil gegenüber der Trommelbremse: die Empfindlichkeit gegenüber Staub und Schmutz. Während die Bremsbacken einer Trommelbremse durch den Bremskörper (die Trommel) selbst geschützt sind, liegen diese bei der Scheibenbremse offen. Bei hartem Einsatz können Schmutzpartikel, Steinchen, Schlamm und allerhand Geäst sich in den Bremsen verfangen, was wiederum zu einem erhöhten Verschleiß der gesamten Bremsanlage führt.

In vielen Foren wird beschrieben, dass die Scheibenbremse des Chariot/Thule CX beginnt zu quietschen. Das kann zwei Ursachen haben. Entweder sind, wie oben beschrieben, Schmutz- und Schleifpartikel zwischen Bremsklötze und Bremsscheibe geraten, oder die Bremsklötze an sich sind an der Verschleißgrenze angekommen. Nach meiner Meinung, sind diese auch fast ein wenig unterdimensioniert, sowie verschleißfreudig und nicht auf eine Vollbeladung auf Dauer ausgelegt. In beiden Fällen ist ein Zerlegen der Bremsen unumgänglich. Mit ein wenig handwerklichem Geschick ist dies auch relativ leicht und schnell geschehen, jedoch kann sich der Zusammenbau etwas schwieriger gestalten. Das mechanische Zughebelsystem erweist sich nicht gerade als nutzerfreundlich und ist dementsprechend auch nicht wieder leicht zu justieren. Wer also auf Nummer sicher gehen will, der sollte seine freundliche Fahrradwerkstatt um die Ecke mit einem Auftrag beglücken. Auch bei einem Auto sollte man in Sicherheit investieren und die Wartung der Bremsen einem Fachmann überlassen.