Anfang Oktober war es soweit: Der internationale SwimRun im Allgäu feierte seine Premiere, und wir durften mit dabei sein! Dass wir jetzt erst mit unserem Bericht über den Allgäu SwimRun rausrücken, liegt nicht an den fehlenden Eindrücken, sondern schlichtweg daran, dass unsere Finger eine Weile gebraucht haben, um wieder aufzutauen. Außerdem überfiel vor allem mich in den Tagen nach dem Allgäu SwimRun eine regelrechte bleierne Müdigkeit, die mich davon abhielt einigermaßen gerade Sätze zu schreiben. Aber von vorne…

Von Angstzuständen und Panikattacken

Wie einige vielleicht verfolgt haben, hatten wir bereits weit im Vorfeld des Wettkampfs mit diversen Panikattacken zu kämpfen. Das lag mitunter an meiner nicht vorhandenen Schwimmtechnik zum Jahresbeginn und an unserem desaströsen Trainingszustand. Die Schwimmtechnik besserte sich über die Monate, nicht aber der Trainingszustand. An unserer Vorfreude auf Oktober und der Begeisterung für das Thema SwimRun hat es nicht gelegen, wohl aber an der fehlenden Zeit, aus familiären und beruflichen Gründen. Eine Woche vor dem Allgäu SwimRun ließ sich der Fitnessgrad aber leider nicht mehr ändern und es packte uns die Angst: Können wir das überhaupt? Wann waren wir denn das letzte Mal Schwimmen? Oder Laufen? Sollten wir nicht wenigstens ein paar Kilometer traben, damit sich die Beine ganz tief hinten im Gedächtnis daran erinnern, dass sie das früher mal gemacht haben?

Gesagt, getan, aber nach gemütlichen 11 km mit den üblichen Allgäuer Höhenmetern war ich richtig leer und brauchte für den letzten Kilometer sogar ein GEL (!), um mich nach Hause zu schleppen. Es folgte also ein Versuch der Vermeidungsstrategie mit einem dringenden Appell an die Veranstalter: „Ihr braucht doch bestimmt noch ein paar Helfer für den Allgäu SwimRun, oder??? Sollten wir nicht lieber helfen anstatt zu laufen? Das wäre für die Veranstaltung doch sicherlich viel besser, oder???“. Klare Antwort von Barbara: „Nein, mir wäre es lieber, wenn ihr mitmacht“. Hm. Wenn Barbara „nein“ sagt, dann meint sie das auch. Keine Chance sich rauszuwinden. Uns blieb also nichts anderes übrig, als uns der Herausforderung zu stellen.

Mein persönlicher Umgang mit der Angst vor einem Wettkampf

Wie geht man am besten mit solchen Ängsten vor einem Wettkampf um? Früher habe ich einfach so viel trainiert, dass ich mir sicher war, den Wettkampf zu schaffen. Ganz nach dem Motto: hoher Trainingsaufwand, bedingter Erfolg, aber keine Angst.

Von diesem Trainingsprinzip war ich diesmal weit entfernt. Ich musste für mich und meinen Kopf wenige Tage vor dem Allgäu SwimRun eine weitere Lauf- und Schwimmeinheit einlegen. Eigentlich wollte ich mindestens genau die gleiche Distanz wie beim geplanten Wettkampf zurücklegen, eher mehr. Damit ich mir auch 100% sicher sein kann, dass ich die Voraussetzungen erfülle, die Strecke zu bewältigen.

Da kam natürlich völlig berechtigt gleich ein großes Veto von unserem Personal Coach Andreas: eine Woche vor dem Wettkampf bitte nur noch Tapering und keine harten Trainingseinheiten. Punkt und Ende der Diskussion. Vernunft ist in der Hinsicht leider nicht meine Stärke. Mein Kopf wollte und brauchte das einfach. Ganz nach dem Motto: Irgendwann muss man ja mal mit dem Training anfangen, und wenn es ein paar Tage vorm Wettkampf ist.

Im Endeffekt war das natürlich dämlich. Philipp hatte mehr Kilometer als ich in den Beinen, also war ich der Meinung diese noch nachholen zu müssen. Und ins Hallenbad bin ich auch nochmal gegangen, natürlich zum Warmwasser-Badetag, was für meinen Körper vielleicht nicht unbedingt die beste Vorbereitung auf kühles Freiwasserschwimmen im Neoprenanzug war. Die Quittung bekam ich später.

Vorbereitung auf die Kälte

Eine weitere große Sorge war das Wetter. Egal wie oft und auf welchem Portal wir die Wettervorhersage studiert haben, der Sommer war vorbei. 2-6 °C waren vorhergesagt, die Schneefallgrenze lag nachts bei 1000 m. Wie beruhigend, dass die Wettkampfstrecke bis auf 1094 m ging (wen es interessiert, hier geht es zum Höhenprofil). Schnee sahen wir am Ende zwar nicht, der blieb weiter oben liegen, gestört hätte es aber auch nicht. Denn beim Laufen im Neoprenanzug wurde es uns (zumindest am Anfang) sehr warm. Wir hatten aber auch alles an, was man so an Basic-Kaltwasser-Ausrüstung haben kann (siehe unseren Artikel zum Thema „SwimRun Ausrüstung“).

Babysitter briefen, Omas und Opas beruhigen

Die restliche Vorbereitung für den Allgäu SwimRun dauerte am längsten. Wir mussten uns darum kümmern, dass unsere Kinder gut versorgt sind. Wir übten schon im Vorfeld die Kinderbetreuung, während wir auf Trainingsläufe gingen. Diesmal aber war es länger und ich war total nervös. Entsprechend wollte ich alles vorbereitet wissen: Bastelsachen, Popcorn, Notfall-Filmchen, Telefonlisten, alles, was man eben so brauchen könnte. Auch diese Sorge war völlig unberechtigt, es hat natürlich alles super geklappt!

Die Sache mit Oma und Opa war schwieriger. Meine Mama war der festen Überzeugung, dass wir beim Schwimmen untergehen oder erfrieren würden und machte sich große Sorgen. Das Veranstaltungsteam hatte dank der zahlreichen Helfern (so viele Helfer wie Teilnehmer), BRK und Wasserwacht alles bestens gesichert. Zeitweise wurden wir von dem Wasserwachtboot sogar begleitet (unser ganz persönlicher Besenwagen bei der letzten Schwimmstrecke).

Laufen gut, Schwimmen schlecht – oder andersherum?

Und wie war es jetzt? Einfach geil!

Aber erst ein paar Tage später, als sich die Müdigkeit bei mir wieder gelegt hat. Das Laufen war fantastisch: endlich mal wieder gemeinsam mit meinem Mann zusammen an einem Wettkampf teilnehmen, in netter Gesellschaft lauter „Verrückter“, bei leichtem Regen, mit warmen Neoprenklamotten, bergauf, bergab, meistens schimpfend, weil er bergab immer so rasen muss, mein Fuß das aber nicht mag, und wir uns maximal 10 Meter voneinander entfernen dürfen. Auch wenn das Laufen im Neoprenanzug ganz schön in die Muskeln geht, fühlte ich mich grandios. SwimRun war für mich Rock’n’Roll: ein bisschen Trail, ein bisschen Tempo, viel Wetter, und dann noch Schwimmen im eisig kalten Bisseroyer Weiher. Eine Kurzstrecke von 100 m, die mir aber erst einmal den Atem genommen hat. Macht nichts, fühlte sich trotzdem gut an, weiter.

Mit dem Schwimmen war die Kraft weg

Dann kam der Rottachspeicher: einmal rüber, etwa 900 m, ein wenig laufen, und auf der anderen Seite zurück. Die genaue Distanz konnte mir keiner sagen. Es war kalt, einfach nur kalt. Hinzu kam, dass Philipp, der starke Schwimmer unter uns, offensichtlich zu wenig trainiert hatte (oder ich zuviel?), denn ich bin immer wieder mit meinen Händen an seine Füße gestoßen und konnte nicht mein Tempo schwimmen. Zwischenzeitlich versuchte ich neben ihm zu schwimmen, hatte dann aber immer die Leine zwischen den Händen. Irgendwie war das nichts. Wir kühlten beide ziemlich aus und schwammen sehr viel zickzack.

Am gegenüberliegenden Ufer hatte Philipp erstmal einen Wadenkrampf, aber die Helfer vom BRK ermahnten uns, schnell weiterzulaufen, da es schon einige Fälle von Auskühlung gab. Also humpelten wir mit unseren eisigen Füßen und Händen irgendwie weiter. Wie Laufen sah das glaube ich nicht mehr aus.

Als es an anderer Stelle wieder in den Rottachspeicher ging, war die Überraschung groß: Das Wasser war deutlich wärmer also zuvor! Lag es am Zulauf oder daran, dass unsere Füße einfach eiskalt waren? Oder waren es dort die halb-offiziellen 14°C und zuvor doch nur die 11°C, die ich unter den aktuellen Wassertemperaturen bei Antenne Bayern gefunden hatte? Jedenfalls tauten meine Füße bei der zweiten Rottachsee-Durchquerung wieder auf, nur machten dafür die Arme schlapp. Schwimmen im Neopren sollte geübt sein. Am Ende nahm ich die Schmach auf mich und wechselte für die letzten paar Hundert Meter über in meinen alten Brustschwimm-Modus: andere Muskeln, mehr Beinarbeit (macht wärmer) und kontrollierter, zielgerichteter Blick zum Ziel, ohne Zickzack-Schwimmen.

Angekommen war ich einfach nur noch fertig…

Die Helfer waren auch hier wieder spitze: Wir bekamen Decken und heiße Suppe und wurden ermutigt, uns zu bewegen. Zum Glück ging es steil bergauf, sodass unsere Körper wieder warm wurden. Meine Hände und Füße aber blieben Eisklötze, meine Beine wollten nicht mehr und ohne Philipp und das Anfeuern der Familie hätte ich es definitiv nicht zum Cut-off geschafft, unserem ganz persönlichen Ziel. Das sogar innerhalb des Zeitlimits nach 3h20.

Weiterlaufen wollte und konnte ich nicht mehr. Trotz heißer Dusche und sechs Lagen Klamotten habe ich bis zum späten Abend gefroren. Die nächsten Tage wollte ich nur noch schlafen.

Ich muss also gestehen, dass ich beim Allgäu SwimRun durchaus an meine körperlichen Grenzen gestoßen bin und mir vor allem das Schwimmen im kalten Wasser enorm viele Körner gezogen hat.

Wie es HEAD so schön auf Facebook geschrieben hat: Alle Teilnehmer, ob Finisher oder nicht, die sich dieser Herausforderung gestellt haben, sind #HEADheroes 

Und so irre das klingt, wir werden beim nächsten Mal trotz der Strapazen wieder dabei sein. Dann hoffentlich mit einem Finish.

Unseren Glückwunsch und unseren Dank noch einmal an dieser Stelle an das gesamte Team, die Helfer, BRK, Wasserwacht und Sponsoren – ihr habt eine tolle Premiere auf die Beine gestellt!

Wer mehr über den Allgäu SwimRun 2016 lesen möchte, hier findet ihr weitere Berichte:

Während unseres Laufs wurden wir außerdem zusammen mit dem Team LEOPARDENENTEN vom BR interviewed, hier geht es zum Beitrag.

Danke an Friedemann Hinsche und Paul Owen für die Bereitstellung der Bilder.