…oder auch: YES – WE DID IT!

zwar war das podest mit der erreichten zielzeit weit entfernt und der veranstalter weigerte sich sogar mit der siegerehrung auf mich zu warten… aber irgendwie hat man am ende doch das gefühl gewonnen zu haben. aber was?

ich denke, dass man bei der vorbereitung auf einen marathon selbstvertrauen, ehrgeiz, disziplin und durchhaltevermögen lernt. wer mich kennt weiss dass ich nicht immer viel von alledem an den tag lege 🙂 liebe mitstreiter: dies ist der richtige augenblick tribut zu zollen und euch meinen respekt vor eurer leistung zu bekunden! und natürlich auch für die unterstützung, motivation und begleitung zu danken!

day zero:

acht uhr, tausende leute, zu wenig dixies für die massen am start, nervosität liegt in der luft genau wie der geruch… naja, das mit den dixies hab ich schon erwähnt. auch bei mir macht sich eine gewisse unsicherheit breit: hat die spärliche und undisziplinierte vorbereitung wirklich genügt? werde ich diesen tag überleben? kann ich noch zurück? gibt es einen ausweg? was ist das ziel? ANKOMMEN! also, zeiten in den wind schreiben und einfach gemütlich laufen und geniessen ist die neue devise.

wie im flug gehen in der aufsteigenden euphorie die ersten kilometer vorbei, meine begeisterung für die stadt wächst mit jedem schritt. an dieser stelle möchte ich kurz anmerken, dass der lauf zwar kein reines sight-jogging war, wir aber aufgrund des sehr moderaten tempos von ca. 6:30 bis 6:45 min pro kilometer genug zeit hatten eindrücke zu sammeln und zu geniessen. reichsbrücke, prater, altstadt, hofburg, schönbrunn und alles sehenswerten spots v0n wien werden nahezu schon auf der ersten halbmarathonrunde abgelaufen. wie kann man das alles nur übersehen??? nach gemütlichen und entspannten 2h20min lichtet sich das feld drastisch – aber jetzt beginnt eine neue zeitrechnung für die alpenschleicher – das projekt 2.0 startet entgültig: wir laufen weiter! nicht zuletzt weil ich wegen einer derart bescheidenen halbmarathonzeit mit sicherheit nicht nach wien fahren würde!

die zeiten bleiben weiterhin stabil, die kondition reicht, wir trinken an JEDEM stand! auch ich muss zugeben dass ich bisher bei keinem meiner läufe so viel getrunken und gegessen habe – pro verpflegungsstation ca. 0,25l – und das alle 2,5 kilometer. hochgerechnet auf die gesamte distanz sind das  ungefähr 4 liter gesamt!!! alle halbe stunde teilen wir uns ein gel oder einen marshmellow um zu der ganzen flüssigkeit auch ein paar einheiten energie zu tanken.

kilometer 28: wir laufen auf einem streckenabschnitt den man in der tat dreimal während des gesamten marathons bestreiten muss – dabei glänzt dieser wahrlich nicht mit besonders schöner streckenführung. pinkelpause. bei soviel flüssigkeit kein wunder. hier stehen also die am start fehlenden dixies – an der gesamten strecke steht ca. jeden kilometer mindestens eines! drei minuten pause die wir später als unterschied zwischen den beiden halbmarathons sehen werden.

kilometer 29: daniel kommt uns entgegen. nach erster freude folgt auch schon die ernüchterung… er ist uns wirklich schon fast 10km oder eben eine stunde voraus. der arme – muss so lange im ziel auf uns warten 🙂

die folgenden kilometer durch den park sind auf der einen seite die von der streckenführung langweiligsten, allerdings auch entscheidensten kilometer. wir nähern uns der mystischen marke und warten auf den „mann mit dem hammer“. nun ja, was soll ich sagen? wir waren wohl zu langsam und er war schon wieder weg. getroffen haben wir ihn zumindest nicht. dafür langweilige lange geraden mit gegenverkehr und lauter musik. ein gutes und motivierendes gefühl, begegnet man doch jetzt den läufern die ein paar kilometer voraus sind und sieht wen man wohl noch überholen wird.

kilometer 35: endorphine? glückshormone? schmerzkiller? komisch, auf einmal wird man sentimental, hängt gedanken nach die einen tränen in die augen treiben. vor glück? vor einsamkeit? vor schmerzen? ich weiß es nicht. jetzt wäre der richtige zeitpunkt die gesamte welt zu umarmen 🙂

kilometer 38: lotte drängt, will endlich mal ein bisschen gas geben, ich dränge sie hingegen mir noch ein gel aus ihrem vorrat zu spendieren. so langsam merke ich, dass ich allein in den letzten wochen ein deutliches defizit im laufpensum ihr gegenüber habe. zum glück bleibt sie bei mir, so dass ich nicht annähernd den gedanken des spazierens habe und einfach weiterlaufe.

kilometer 40: lotte ist einfach nicht mehr zu halten, entweder hat sie gerade einen endorphinschub oder sie hört gerade „keep on running“. ich kann nicht mehr schneller und lasse sie ziehen. tatsächlich schafft sie es auf den letzten 1,5km noch mir 30sec abzunehmen.

kilometer 41: ich werde langsamer… heee, nicht aufhören, jetzt bist du schon so weit und den da vorne bekommst du auch noch! ich laufe weiter, abbiegen auf die zielgerade. blauer teppich in sicht, auf einmal wieder menschen die anfeuern. wahrscheinlich nicht mich, sondern die performancekünstler die auf der dritten bahn die menge bei laune zu halten. auf einmal komme ich wieder ins rollen, ich werde schneller und schneller, das ziel vor augen… den da vorne kriegst du noch… ziel. vorbei. geschafft. 4h44min, puls 149 im schnitt – eine wirklich entspannte wanderung der alpenschleicher 🙂

und jetzt? keine euphorie mehr, keine glücksgefühle, keine erleichterung. es ist einfach schön. punkt.

heute, drei tage danach: orthopädische schmerzen sind verschwunden, selbst der muskelkater ist nicht mehr da. anscheinend haben wir nichts verkehrt gemacht und eines unserer ziele erreicht: den spass am laufen zu behalten!

offene fragen die bleiben: welchen laufen wir als nächstes und werde ich dann endlich mal richtig trainieren?

vielleicht lerne ich dann endlich die tugenden: ehrgeiz, disziplin und durchhaltevermögen. das selbstvertrauen habe ich mir schon erarbeitet!